Statement Rolf Widmer

Kinder haben Rechte – auch im Strafverfahren














Rolf Widmer
Präsident der FICE Schweiz

Der Austausch unter Fachkräften  aus  verschiedenen Ländern und Kulturen ist eine der wert-
vollsten Möglichkeiten, voneinander zu lernen, sich zu verstehen und das Fremde nicht einfach
auszugrenzen.
Wenn Fachkräfte aus der Arbeit mit Jugendlichen aus Deutschland und der Schweiz dies tun,
kommt diesem Bemühen noch besondere Bedeutung zu. Als Nachbarn fühlen wir uns eng ver-
bunden, sprechen fast dieselbe Sprache, und dazu kommt, dass sehr viele Menschen aus Deutsch-
land in der Schweiz arbeiten. Es gibt Berufsfelder in der Deutschschweiz, und dazu gehört neben
dem Gesundheitswesen auch die ausserfamiliäre Erziehung, die ohne Fachkräfte aus Deutschland
ihre Dienstleistungen nicht mit qualifizierten Mitarbeitern aufrechterhalten könnten.
Der FICE Schweiz ist es deshalb ein grosses Anliegen, auch das System der Jugendhilfe,
der Jugendgerichtsbarkeit und die Erfahrungen der Fachkolleginnen und Kollegen in Deutsch-
land besser zu kennen, zu verstehen und gegenseitig voneinander zu lernen. Die Botschaften des
jugendstrafrechtlichen Normengerüsts, welches auf internationaler Ebene seit den 80er Jahren
herangewachsen ist, möchte den Anforderungen der UNO-Konvention nachkommen.
Die  Projektgruppe  mit  KollegInnen  aus  Deutschland  und  der  Schweiz  befasst  sich  in  der
vorliegenden Publikation zudem mit einem Themenbereich von nicht geringer gesellschaftlicher
Brisanz und Aktualität. Jugendliche mit sehr auffälligem und strafbarem Verhalten fordern uns
heraus und stellen unseren Alltag, unsere Gesetze und unsere Normen auf die Probe.
Wie weit sind wir als Gesellschaft bereit, die UN-Konvention über die Rechte der Kinder
auch für Jugendliche gelten zu lassen, die mit ihrem Verhalten andere geschädigt haben, vielleicht
sogar Opfer mit lebenslangen Schäden oder trauernde Angehörige hinterlassen haben?
Wie müssen die Strafverfahren geregelt sein und welchen Anforderungen müssen die Insti-
tutionen, die die Massnahmen oder die Strafen durchführen, gerecht werden, um dabei auch die
Rechte der Kinder zu berücksichtigen. Eine der Autorinnen, Ursina Weidkuhn, Vorstandsmit-
glied der FICE Schweiz, hat ihre Dissertation diesem Thema gewidmet und sehr interessante
Betrachtungen über das Schweizerische Jugendstrafrecht im Lichte der Internationalen Rechte
des Kindes und im Vergleich zu Südafrika angestellt. Aus solchen Vergleichen können wir lernen
und die Situation für die Kinder und Jugendlichen in der Schweiz weiter verbessern. Der FICE
ist es wichtig, dass die Rechte der Kinder für alle gelten und dass sie der Situation entsprechend
angewendet werden.
Das gemeinsame Projekt mit Kolleginnen und Kollegen aus Deutschland und die vorliegende
Publikation bieten eine weitere Gelegenheit, sich fachlich mit den Rahmenbedingungen und der
Situation der betroffenen Jugendlichen und ihren Eltern in den beiden Ländern auseinander zu
setzen und die Frage der Rechte der Kinder auch in diesem Zusammenhang zu betrachten.

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